Rechtsfrieden in Niedersachsen in Gefahr?
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Wirrwarr in der niedersächsischen Justiz konstatiert die HAZ in ihrer Ausgabe vom 12.6. 2015. Eine Justizministerin und ein Generalstaatsanwalt widersprechen sich, Zoff innerhalb der Staatsanwaltschaften, Geheimnisverrat und Maulwurfaffären. Doch damit nicht genug! Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit breitet sich ein Gift in den niedersächsischen Gerichtssälen aus, das den Rechtsfrieden nachhaltiger gefährdet als die bekannt gewordenen Justizskandale dies vermögen. Sein Name: Die Prozesslüge. Die Wahrheitspflicht ist zentraler Bestandteil der Zivilprozessordnung und Voraussetzung für Rechtssicherheit. Nicht derjenige, der rücksichtsloser agiert und seinen Prozessgegner durch vorsätzliche Lügen schädigt, soll obsiegen, sondern Recht und Gesetz sollen entscheiden.
Wenn Prozesslügen von Gerichten und Staatsanwaltschaften als scheinbar völlig normal und konform mit der Rechtsordnung angesehen werden, werden Verlässlichkeit und Berechenbarkeit des Rechtswesens ad absurdum geführt. Worauf soll sich der rechtsuchende Bürger noch verlassen, wenn Lügen in den Sälen der Gerichte salonfähig werden? Jahrelang haben die Prozessgegner des Unternehmensberaters Theodor Stahmeyer mit einer Prozesslüge ein falsches Spiel getrieben. Der Schaden ist immens, darüber und die unheilvolle Rolle der Staatsanwaltschaft Hannover in der Justizposse, die längst Züge einer Tragödie angenommen hat, wird noch zu berichten sein. Auch Norman Gilster wurde Opfer von Prozesslügen, auf die dann weitere Lügen und Vertuschungen folgten.
Dass man mit Prozesslügen in Niedersachsen viel erreichen kann, hat auch Anwalt R. eindrucksvoll bestätigt. Nachdem seine Bemühungen, mich zum Verzicht auf mein Erbteil und zur Niederlegung der von meinem verstorbenen Mann verfügten Testamentsvollstreckung zu motivieren, nicht fruchteten, erreichte er mit unwahren Behauptungen, dass der letzte Wille meines verstorbenen Mannes außer Kraft gesetzt wurde. Knall auf Fall wurde ich unter Nachlasspflegschaft gestellt und es wurden mir sämtliche Vollmachten in der Grundstücksverwaltung entzogen. Eine Horrorvision für viele Bürger, ein Lebenlang hart zu arbeiten und am Ende wird der letzte Wille über den hinterlassenen Besitz nicht respektiert. Hätte der zuständige Senat beim Oberlandesgericht Celle den Beschluss nicht aufgehoben, wäre der Grundbesitz meines Mannes, an dem ich fast 20 Jahre mitgewirkt hatte, vermutlich auf Dauer unter staatliche Aufsicht gestellt worden.
Auch danach musste ich immer wieder die bedrückende Erfahrung machen, dass selbst besonders dreiste Prozesslügen des Anwalts von Amts- und Landgerichten nicht gerügt, sondern als selbstverständlichste Sache der Welt hingenommen wurden. So die Lüge gegenüber dem Landgericht Lüneburg etwa, dass sein Mandant keine Darlehensschuld gegenüber dem Erblasser habe. Noch wenige Monate zuvor hatte Anwalt R. schriftlich das Gegenteil erklärt und eingeräumt, dass eine Darlehensschuld seines Mandanten gegenüber dem Erblasser unstreitig bestehe.
Oder die Aussage des Anwalts im Gerichtssaal des Amtsgerichts Celle, dass er niemals ans Nachlassgericht geschrieben hätte, um die Auskehrung von Mieten, die seiner Mandantin zustanden, zu verhindern und auf diese Weise eine Zwangsvollstreckung gegen mich zu erwirken. Dass ich aus dem bestritten Scheiben im Gerichtssaal vorgelesen habe, hat der Richterin nicht einmal ein müdes Lächeln abgerungen und erst recht keine Rüge. Sind Prozesslügen demnach in Niedersachsen salonfähig? Fast scheint es so, nur beim Oberlandesgericht Celle habe ich Gegenteiliges erlebt.
Den Vogel indes schoss Richterin K.W. vom Landgericht Hannover ab, die sogar falsche Behauptungen des Anwalts über angebliche Feststellungen der Justizangestellte W. durchgehen ließ. Feststellungen, die diese niemals getroffen hatte, wie eine dienstliche Überprüfung ergeben hatte. Spätestens jetzt hätte sie den Anwalt wegen vorsätzlicher Prozesslüge rügen müssen. Nichts dergleichen geschah. Anstandslos winkte sie auch die falsche Behauptung des Anwalts durch, dass ich seine Mandanten um den Betrag für einen privaten Gartentisch betrügen und diesen vom Nachlasskonto bezahlen wollte. Dabei war der Zahlungsbeleg meines Privatkontos dem Anwalt bereits ein Jahr zuvor gefaxt worden und danach in drei weiteren Schriftsätzen auf den Beleg hingewiesen worden. Ein Anwalt ist für Äußerungen in Wahrnehmung der Interessen seiner Mandanten grundsätzlich nicht haftbar zu machen, urteilte die Richterin. Eine verhängnisvolle Entscheidung für den Rechtsfrieden in Niedersachsen. Demnach können Anwälte im Interesse ihrer Mandanten ungeschützt Lügen verbreiten, und seien sie noch so absurd wie etwa die Behauptung von Anwalt R., ich hätte ein zuvor gefälschtes Dokument auf unerklärliche Weise in die Gerichtsakten verbracht.
Es ist Aufgabe der Niedersächsischen Justizministerin für den Rechtsfrieden und die Verlässlichkeit der Justiz in Niedersachsen Sorge zu tragen. Die Zeit ist überreif, dass sie sich des Themas annimmt.
1 Kommentar
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Patricia Johns Donnerstag, 09. Juli 2015 17:06 Kommentar-Link
Liebe Frau Raddatz, es ist traurig aber leider wahr; was Sie schildern, trifft es genau. Leider nicht nur in der Justiz. Der rote Faden zieht sich durch. Einen Blog wie den Ihren sollte man auch mal über die Jobcenter schreiben. Ignoranz und Arroganz gepaart mit menschenverachtenden Mitarbeitern, Amtsmissbrauch und Rechtsbeugung sind hier an der Tagesordnung. Ich muss meine Rechte im Jobcenter immer mit Hilfe meines sehr engagierten und kompetenten Anwalts durchsetzen, das kann nicht im Sinne unseres Rechtssystems sein und kostet den Steuerzahler viel Geld.
Wir kennen und nun schon viele Jahre seit dem Fall R. Mühl und ich habe immer Ihre Gradlinigkeit geschätzt. Jetzt bewundere ich zusätzlich noch Ihren Mut, die Dinge beim Namen zu nennen. Es müsste mehr Menschen wie Sie geben, vor allen Dingen in der Politik. Bis bald, herzliche Grüße.