Rechtsanwaltskammer Celle macht Interessenkollision salonfähig
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Rechtsanwaltskammer Celle macht Wahrnehmung widerstreitender Interessen salonfähig - Teil 2
Was für katholische Priester das Zölibat ist, ist für Rechtsanwälte das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen. So wie das Gebot des Zölibats zwingend zu beachten ist, dürfen Anwälte um nichts in der Welt widerstreitende Interessen wahrnehmen. Laut einer aktuellen Umfrage empfindet ein Drittel der Priester das Zölibat als belastend und nicht wenige Anwälte wünschen sich gelegentlich den weitaus sympathischeren Mandanten der Gegenseite vertreten zu können. Und dennoch: die Regeln sind einzuhalten, wer dagegen verstößt, setzt seine berufliche Existenz aufs Spiel.
Anders im Verantwortungsbereich der Rechtsanwaltskammer Celle. Der bereits im Teil 1 von mir erwähnte Rechtsanwalt Siegfried Reszat hat mit nachdrücklicher Billigung der Anwaltskammer widerstreitende Interessen wahrgenommen. Dies erstaunt, betont doch die Kammer in ihrer Selbstdarstellung, dass sie Interessenkollisionen ihrer Mitglieder überwacht. Monatelang war der Anwalt gegen den Mieter O. zu Felde gezogen und hatte meine Entlassung als Testamentsvollstreckerin gefordert, weil ich einen Mietvertrag mit O. abgeschlossen hätte. In seinen Schriftsätzen vom 10.10.2013 gegenüber dem Landgericht Hannover und 14.1.2014 gegenüber dem Oberlandesgericht Celle beschreibt der Anwalt den Mieter als wahres Mietmonster, der die Erbengemeinschaft „im erheblichen Maße geschädigt hat“, der ihm für Renovierungen überlassenes Geld „zweckentfremdet“ habe und Schwarzarbeit betreibe. Ich sei daher „zwingend zu entlassen“. Offenbar meint der Anwalt, dass Testamentsvollstrecker über prophetische Gaben, zumindest aber hellseherische Fähigkeiten verfügen müssen, um ihrem Amt gerecht zu werden.
Schön und gut. Nachdem es zu einem Zahlungsrückstand gekommen war und weitere vertragliche Verstöße vorlagen, habe ich den Mietvertrag im Namen der Erbengemeinschaft tatsächlich gekündigt und war guter Hoffnung, nach jahrelangen Beschimpfungen als besonders hemmungslose Lügnerin, Prozessbetrügerin und Urkundenfälscherin endlich einmal ein Lob aus dem Munde beziehungsweise der Feder des Anwalts zu erhalten. Doch es kam anders. Wieder einmal.
Auf wundersame Weise landete der Schriftwechsel zwischen dem Mieter O. und mir einschließlich einiger nur für diesen persönlich bestimmter Schreiben auf dem Tisch der Anwaltskanzlei. Der zuvor von Reszat geschmähte Mieter wurde jetzt als Kronzeuge im Entlassungsverfahren gegen mich aufgefahren. Schlimmer noch, der Anwalt scheute sich nicht, sogar die Argumente, die der Mieter in der Räumungsklage gegen die Kündigung vorgebracht hatte, als Beweis für meine Unfähigkeit im Umgang mit den Mietern vorzubringen. Dabei war er es selbst doch gewesen, der implizit immer wieder eine Vertragsbeendigung gefordert hatte. Was ist eine Interessenkollision, wenn nicht das?
Doch damit nicht genug! Der Mieter schickte an mich gerichtete, die Räumungsklage betreffende Mails,– man höre und staune – cc. an die Anwaltskanzlei Reszat. Zumindest im Zeitraum von Februar bis Ende März 2015 muss der Anwalt folglich mit dem Mieter kooperiert haben, weshalb sonst sollte dieser ihm den Schriftwechsel mit mir überlassen? Besonders auffällig: Nachdem ich mich bei der Rechtsanwaltskammer über den Sachverhalt beschwert hatte, übernahm Anwalt C. S. aus Hannover, zufällig Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer, das Mandat des Mieters O.
Eine mehr als eigenwillige Auslegung der Beratungspflicht des Vorstands gegenüber seinen Mitgliedern oder sollte der Vorstand meine Beschwerde gar nicht gelesen haben? Werden Bürgereingaben nicht ernst genommen?
Jedenfalls war für die Rechtsanwaltskammer alles in Ordnung. Der Rechtsanwalt habe keinesfalls widerstreitende Interessen vertreten, ließ sie mich wissen. Der Anwalt habe das Mandat des Mieters O. ja nicht übernommen. Demnach geht die Kammer augenscheinlich davon aus, dass himmlische Herrscharen der Anwaltskanzlei den Schriftwechsel zwischen O. und mir im Februar 2015 überbracht und der Mieter der Kanzlei rein zufällig 5 Wochen später an mich gerichtete Mails in der Räumungsklage gemailt hat.
Zufälle über Zufälle. Indes sprechen die Fakten eine andere Sprache: Rechtsanwalt Reszat hat monatelang implizit die Beendigung des Mietvertrages mit Mieter O. verlangt, da der Mieter die Erbengemeinschaft schädigen würde. Nachdem ich u.a. wegen Zahlungsrückständen genau das getan habe und den Mietvertrag im Namen der Erbengemeinschaft gekündigt habe, macht sich der Anwalt jetzt plötzlich die von O. in der Räumungsklage gegen mich vorgebrachten Argumente zu Eigen, um ein weiteres Mal meine Entlassung zu begründen. Keine Interessenkollision, meint die Rechtsanwaltskammer und macht sie auf diese Weise salonfähig. Teil 3 folgt in Kürze!
2 Kommentare
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Patricia Johns Donnerstag, 10. September 2015 14:52 Kommentar-Link
wenn nun schon so kleine Lichter wie der von Ihnen genannte Anwalt Narrenfreiheit genießen, fragt man sich als Bürger, in welcher Liga muss man denn spielen, um so einen Schutzwall um sich errichten zu können. Die seitens der Justiz geduldeten massiven Rechtsverstöße bestimmter Personen einerseits und die Vorgehensweise gegen Sie ergeben diese Frage. Es geht hier nicht mehr um die Einhaltung von Recht und Ordnung, sondern darum, sich als Bürger möglichst unsichtbar zu machen und bloß nicht zu stören. Wie konnten Sie nur nach 30 Ehejahren Ihr Erbe annehmen; warum nicht gleich alles der Gegenseite schenken. Richtig ungezogen von Ihnen, diesen Anwalt zu verärgern und sich zu wehren. Es müsste viel mehr Wallraffs und Dieter Wedels geben und Ihre Geschichte wär genau der richtige Zündstoff. Schlussendlich ist es jedoch nur grenzenlos traurig, dass man nicht mehr der Justiz vertrauen kann und schon gar nicht der Politik. Armes Deutschland. war es das jetzt? Wer steckt letztlich dahinter?
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TWS Montag, 07. September 2015 13:41 Kommentar-Link
In der Selbstdarstellung der Rechtsanwaltskammer Celle heißt es:
„Als Selbstverwaltungsorgan ist sie staatsferne Kontrollinstanz über die Rechtsanwaltschaft – in Verantwortung gegenüber den Berufskollegen und den rechtsuchenden Bürgern.“
Aufgaben des Vorstandes: „Beratung der Mitglieder in Fragen der Berufspflichten“
Berufsrechtsaufsicht: „Der Kammervorstand berät seine Mitglieder umfassend im Berufsrecht und beantwortet schriftlich und telefonisch Anfragen zu anwaltlichen Pflichten, insbesondere zur Interessenkollision. Zudem überwacht er die Einhaltung der berufsrechtlichen Pflichten und ahndet Verstöße mit Belehrungen oder Rügen.“
Kontrolle und Beratung in Berufspflichten sieht anders aus. Das gilt besonders dann, wenn ein Vorstandsmitglied einem Kollegen, gelinde gesagt, aus der „Patsche hilft“.
Aus: "Der Prozess" von Franz Kafka (1914/15)
»Ach so«, sagte K. und nickte, »die Bücher sind wohl Gesetzbücher und es gehört zu der Art dieses Gerichtswesens, dass man nicht nur unschuldig, sondern auch unwissend verurteilt wird.« »Es wird so sein,« sagte die Frau, die ihn nicht genau verstanden hatte.
Das Wichtigste bleiben trotzdem die persönlichen Beziehungen des Advokaten, in ihnen liegt der Hauptwert der Verteidigung. Nun habe ja wohl K. schon seinen eigenen Erlebnissen entnommen, daß die aller unterste Organisation des Gerichtes nicht ganz vollkommen ist, pflichtvergessene und bestechliche Angestellte aufweist, wodurch gewissermaßen die strenge Abschließung des Gerichtes Lücken bekommt. Hier nun drängt sich die Mehrzahl der Advokaten ein, hier wird bestochen und ausgehorcht, ja es kamen, wenigstens in früherer Zeit, sogar Fälle von Aktendiebstählen vor. Es ist nicht zu leugnen, daß auf diese Weise für den Augenblick einige sogar überraschend günstige Resultate für den Angeklagten sich erzielen lassen, damit stolzieren auch diese kleinen Advokaten herum und locken neue Kundschaft an, aber für den weiteren Fortgang des Prozesses bedeutet es entweder nichts oder nichts Gutes.