Niedersächsische Justiz: Geheimnisverrat und Kommunikationsprobleme
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Geheimnisverrat im Ermittlungsfall Christian Wulff, Geheimnisverrat im Fall Stephan Edathy und jetzt auch im Ermittlungsfall Frank Lüttig?
Erstaunt reiben sich die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen die Augen? Was ist los im Land zwischen Nordsee und Harz? Sitzen ausgerechnet in den niedersächsischen Amtsstuben Plaudertaschen, wo doch den Niedersachsen eher der Ruf vorauseilt, zurückhaltend oder gar mundfaul zu sein? Und überhaupt, wo sitzen denn nun die Plaudertaschen: in der Staatsanwaltschaft Hannover, in der Generalstaatsanwaltschaft Celle, im Justizministerium oder gar in den Spitzenetagen der Politik?
Jüngst erklärte die niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz, dass gegen den Generalstaatsanwalt Frank Lüttig wegen Geheimnisverrat in den Ermittlungsfällen Wulff und Edathy strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden. Inzwischen wird auch der Ministerin selbst vorgeworfen, ihrerseits Geheimnisverrat betrieben zu haben. Zugegeben, der Pfad zwischen der Erfüllung berechtigter Informationsinteressen der Öffentlichkeit und der Wahrung von Dienstgeheimnissen ist schmal, da kann man leicht ins Straucheln geraten. Doch was ist davon zu halten, wenn jetzt der hannoversche Oberstaatsanwalt Thomas Klinge laut Medienberichten darüber fabuliert, dass Edathy gewarnt worden sein muss. Ein ungeheuerlicher Vorwurf, hätten Warnungen Edathy doch die Möglichkeit gegeben, belastendes Material rechtzeitig zu entsorgen. Unklar bleibt, wer denn nun Edathy gewarnt haben soll. Klar hingegen ist, dass es in den Reihen der Staatsanwaltschaft Hannover Kommunikationsprobleme gibt. So im Fall des Kaufmanns Olaf Mertins. In einer internen Stellungnahme vertrat der zuständige Staatsanwalt die Auffassung, dass das Verhalten von Mertins rechtlich nicht zu beanstanden sei. Dennoch wurde kurz darauf ein Ermittlungsverfahren gegen den Kaufmann eingeleitet. Nachdem sich herausstellte, dass der Beschuldigte niemals ein Bombenattentat geplant hatte, war von Fehlern in der Kommunikation die Rede.
Kommunikationsprobleme gibt es auch bezüglich meiner Autorentätigkeit. So soll Oberstaatsanwalt Dr. Weissenborn anlässlich einer Besprechung beim Verwaltungsgericht ein offizielles Einladungsschreiben der Staatsanwaltschaft zu einem Gespräch über mein geplantes Sachbuch verneint haben. Tatsächlich liegt eine Einladung von Oberstaatsanwalt Thomas Klinge vom 18.8.2014 im Namen des Behördenchefs zu einem Gespräch über mein geplantes Sachbuch vor. Offizieller geht es nicht! Hammerhart, ja geradezu grotesk muten auf diesem Hintergrund die Einlassungen des für den Fall zuständigen Richters der 10. Kammer beim Verwaltungsgericht an, wonach ich angeblich keine Sachbücher schreibe, sondern ausschließlich Romane mit Unterhaltungscharakter. Besonders auffällig: Das Gericht erwähnt meine Internetseiten. Dort ist das Sachbuch Treu und Glauben hinter den Kulissen eines Wirtschaftsskandals, erschienen im Campus- Verlag, unübersehbar aufgeführt.
Können die Bürger Justizbehörden noch vertrauen, die eindeutige und nachweisbare Fakten in Abrede stellt? Die heute Hü und morgen Hott sagt, wie im Fall Olaf Mertins? Und dass Geheimnisverrat sich offenbar zum Volkssport in Niedersachsen entwickelt, ist dem Image des Rechtswesens in Niedersachsen auch nicht gerade förderlich, nicht zuletzt zum Leidwesen der vielen Richter und Staatsanwälte, die einen guten Job machen.